Ihr Hund hat gebissen? Ihr Hund hat einen Schaden verursacht?

Wann zahlt die Haftpflichtversicherung? Was ist eine Tierhalterhaftung?
Mein Hund hat einen anderen Hund gebissen. Zahlt die Hundehaftpflichtversicherung bei einem Hundebiss? Ein Hund läuft frei auf einen angeleinten Hund zu und es kommt zu einer Hundebeißerei. Ohne ersichtlichen Grund beißt der Hund den angeleinten Hund. Der Hundehalter versucht seinen Hund zu schützen und nimmt diesen hoch und wird gebissen. Es stellt sich die Haftungsfrage, wer für die Folgen dieses Beißvorfalls aufzukommen hat. Muss ein Schmerzensgeld gezahlt werden und in welcher Höhe? Haftet der gegnerische Hundehalter komplett für die Tierarztkosten oder gibt es einen eigenen Mitverschuldensanteil? Spielt die Größe der Hunde eine Rolle oder auch die Tatsache, dass der gegnerische Hund bereits in der Vergangenheit aggressiv auffällig war? Folgend erklärt wird die der verschuldensunabhängigen Tierhalterhaftung.

Die verschuldensunahängige Tierhalterhaftung

Wer ist Halter des Hundes und haftet für den Hund?

Wer ist Tierhalter eines Tieres? Tierhalter ist diejenige Person, die darüber entscheidet, ob dritte Personen der von dem Tier ausgehenden, nur unzulänglich beherrschbaren Gefahren ausgesetzt werden. Als wesentliche Indizien für die Einordnung als Tierhalter dienen: alleinige Bestimmungsmacht über den Hund, Übernahme der Kosten aus eigenem Interesse für das Tier, Inanspruchnahme des allgemeinen Wertes, der Nutzungen des Tieres für sich und Risiko des Verlustes.

Was ist ein Tierhüter und haftet er auch für den Hund?
Wer ist Tierhüter eines Tieres? Tierhüter (oder auch Tieraufseher) ist hingegen derjenige, der für denjenigen, der das Tier hält, die Führung der Aufsicht durch Vertrag übernimmt. (Hundepension, Gassigeh-Service) Übernahme der Aufsichtsführung bedeutet Übertragung der selbstständigen alleinigen Gewalt und Aufsicht über das Tier, die noch keine Haltereigenschaft begründen darf. Erforderlich ist eine Übernahme durch Vertrag und zwar ausdrücklich oder auch stillschweigend.

Wenn ein Dritter geschädigt wird, haften Tierhüter und Tieraufseher als sogenannte Gesamtschuldner gem. § 840 Abs. 1 BGB gemeinschaftlich. Im Innenverhältnis der Verantwortlichen untereinander findet ein Ausgleich nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB statt, d. h., die Haftenden sind im Verhältnis zueinander grundsätzlich zu gleichen Anteilen verpflichtet, den Schaden des Geschädigten auszugleichen.


Tierhalter- und Tierhüterhaftung und die allgemeine Gefährdungshaftung §833 BGB

Was versteht man unter einen Gefährdungshaftung?
§ 833 BGB normiert die Verpflichtung des Tierhalters, Schäden zu ersetzen, die sein Tier verursacht hat und in denen sich die spezifische Tiergefahr realisiert hat. Mit dieser Gefährdungshaftung unterstellt der Gesetzgeber jedem Tier eine grundsätzliche Unberechenbarkeit, welche aus der Annahme folgt, dass ein Tier kein durch „Vernunft gesteuertes Geschöpf“ ist.

verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung

Für die durch das Tier verursachten Schäden begründet das Gesetz in § 833 Satz 1 BGB eine reine Gefährdungshaftung, wenn sich die typische Tiergefahr verwirklicht hat. Dies bedeutet, dass es zunächst auf ein Verschulden des Tierhalters an dem Beißvorfall nicht ankommt.

Auch der Tierhüter haftet, genauso wie der Tierhalter, für die von dem Tier ausgehende so genannte typische Tiergefahr. Hierunter fallen all diejenigen Personen, die auf ein Tier auf Zeit aufpassen, ohne Halter des Tieres zu sein. Ein Mitarbeiter einer Hundepension oder ein Gassigeh Service haftet demnach wenn der Hund z.B. wegläuft und in einen Verkehrsunfall oder eine Hundebeißerei gerät.

Die Tiergefahr hat sich realisiert, wenn das Schadensereignis auf ein der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten des Tieres zurückgeht, wie etwa beim Beißen eines anderen Hundes.

Dies bedeutet im Grundsatz: Wenn z.b. ein Hund der an der Leine ist und von einem freilaufenden Hund attackiert wird, sich wehrt und zubeißt, man als Hundehalter des angeleinten Hundes für den Hundebiss haftet.

ABER: Es ist zu berücksichtigen, inwieweit der gebissene Hund selbst an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat (Mitverschulden) und demzufolge dessen Hundehalter anteilsmäßig für den Hundebiss-Schaden aufkommen muss.


Mein Hund beißt einen anderen Hund: Übernimmt die Hundehaftpflichtversicherung alle Kosten?

Viele Hundehalter sind der Meinung, dass wenn ihr Hund gebissen wurde, doch dann die Haftpflichtversicherung des Hundes der gebissen hat den Schaden dann vollständig übernimmt.
Auch die Hundehalter deren Hund zugebissen hat, sind der Auffassung dass genau für solche Fälle sie eine Versicherung abgeschlossen haben, die im Falle wenn ihr Hund einen Schaden verursacht haben sollte die Kosten übernimmt.

Zeigt der Hundehalter den Hundebiss - Vorfall dann bei seiner Hundehalterhaftpflichtversicherung an und reicht dort alle Tierarztrechnungen zum Ausgleich ein folgt oftmals die Ernüchterung mit dem Antwortschreiben der Versicherung.
Hundehalterhaftpflichtversicherungen verweisen allgemein darauf, dass die Halterhaftung generell verschuldensunabhängig sei und daher ein pauschaler Haftungsmaßstab von 50 % zu 50% in Ansatz zu bringen wäre. Egal ob der Hund völlig grundlos gebissen wurde oder nicht. Oder auch ob der Hund mit Recht zugebissen hat oder nicht.

Diese Vorgehensweise berücksichtigt jedoch in keiner Weise die Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, weshalb sie generell abzulehnen ist. Ein geschädigter Tierhalter muss sich auf eine solche allgemeine Regelung nicht verweisen lassen.



Interessante Urteile zu Haftungsverteilung bei einer Hundebeißerei:


Haftungsverteilung bei angeleintem Hund | frei laufender Hund beißt angeleinten Hund

Für Schäden die durch einen nicht angeleinten Hund entstehen, haftet primär dessen Halter (OLG Oldenburg AZ 13 U 104/00; OLG Hamm AZ 6 U 71/93). Hundehaltern obliegt die Pflicht, ihre Tiere jederzeit im eigenen Einwirkungsbereich zu haben. Viele Hundehalter nehmen daher ihren vierbeinigen Liebling vorsichtshalber beim Spazierengehen immer an die Leine. Kommt es dennoch zum Beissvorfall und war ein Hund angeleint und der andere nicht, so gilt ein anderer Haftungsverteilungsmaßstab. In diesem Fall trägt der Halter des nicht angeleinten Hundes die Kosten für die tierärztliche Behandlung des anderen Tieres alleine (AG Frankfurt 32 C 4500/94-39).

Gilt etwas anderes, wenn sich ein angeleinter Hund losreißt? Nach einer Entscheidung des Landgerichts Coburg vom 23. Juli 2010 (AZ: 13 O 37/09) nicht. Nach dieser Entscheidung kann der Geschädigte den Ersatz ihm entstehender Schäden in vollem Umfang verlangen, wenn sich ein anderer Hund losreißt bzw. unkontrolliert losrennt und ihm dadurch Schäden entstehen.


Größenverhältnis der Hunde

Auch muss der Größenunterschied der beteiligten Hunde berücksichtigt werden. Die von einem großen Hund ausgehende Gefahr ist größer als die von einem kleinen Hund ausgehende Gefahr (AG München AZ 242 C 31835/01). Das OLG Hamm ließ in seiner Entscheidung aus dem Jahre 1994 (Az.: 6 U 225/92) die Tiergefahr eines Dackels bei dem Angriff eines Rottweilers vollständig zurücktreten, obwohl der Dackel den Rottweiler erst durch sein Gebell auf sich aufmerksam gemacht hatte. Das OLG Stuttgart nahm zudem in seiner Entscheidung aus 2002 (Az.: 10 U 205/01) die vollständige Haftung eines frei laufenden Schäferhundes an, der einen angeleinten Dackel angriff.

Weitere Interessante Urteile zu der Frage der Haftungsquote nach einem Hundebiss Vorfall oder sonstige Vorfall den ein Hund verursacht hat


Um Ihre Rechte wie Entschädigung in Form von Schadensersatz (Tierarztbehandlungskosten und mehr) insbesondere einem Schmerzensgeld erfolgreich einfordern zu können sind medizinische Kenntnisse im Bereich der Humanmedizin / Tiermedizin sowie Spezialwissen der hundetypischen Verhaltensmuster unabdingbar.


Ein hervorzuhebendes Merkmal der Ackenheil Anwaltskanzlei für Tierrecht ist der fachübergreifende Zusammenschluss der Rechtsgebiete
Medizinrecht | Tiermedizinrecht | Haftungsrecht.

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